Hauptnavigation

 

Sachsenspiegel berichtet am 12. Juni 2020 aus der Freien Republik: Stefan Heym und die Stasi in Schwarzenberg

Sachsenspiegel berichtet am 12. Juni 2020 aus der Freien Republik: Stefan Heym und die Stasi in Schwarzenberg

Der Aufpasser und sein Opfer, © Jörg Beier
Der Aufpasser und sein Opfer, © Jörg Beier
Als Stefan Heym für seinen Roman "Schwarzenberg" in der Erzgebirgsstadt recherchierte, setzte die Stasi ihre Aufpasser auf ihn an, als "Kämpfer an der unsichtbaren Front" versuchten sie, wo immer möglich, Heyms Arbeit zu behindern. Der Schwarzenberger Holzgestalter Jörg Beier hat das mit seinen Männeln nachgestaltet. Am 12. Juni 2020 berichtet der MDR Sachsenspiegel irgendwann zwischen 19 und 19.30 Uhr darüber.

Stefan Heyms Roman "Schwarzenberg" stärkte ganz wesentlich die Legende von der Freien Republik Schwarzenberg - aber wieso eigentlich Legende?

Antifaschistische Aktivisten hatten in der unbesetzten Amtshauptmannschaft Schwarzenberg ohne Zutun der Alliierten am 12. Mai 1945 die Macht übernommen und die wichtigsten Vertreter der Naziherrschaft festgesetzt. Sie unterschieden sehr wohl zwischen den Führern und den Rädchen im Getriebe, deren Fachkompetenz sie weiter nutzten. Am 26. Juni marschierte die herbeigeholte Sowjetarmee ohne kriegerischen Handlungen ein - die wilden Zeiten der Besatzung waren zum Glück im Wesentlichen bereits vorbei.

Eine Republik?

Nun war das "Staatsgebilde" Schwarzenberg, das schon nach sechs Wochen wieder Geschichte war, beileibe keine Republik: Aber es war ein basisdemokratischer Ansatz, der sich an notwendigem Handeln orientierte. Die Ernährung und die öffentliche Ordnung zu sichern waren die obersten Prioritäten, heute würde man sagen: Leitlinien des Handelns.

Und die Sache mit der Freiheit?

Ja natürlich, wird eine Diktatur abgeschafft, herrscht für einen Moment Freiheit; vor allem die Freiheit zu fragen, wie es nun weitergehen soll. Im konkreten Fall kam die Sowjetarmee, die sich durchaus als Befreier vom Nationalsozialimus (damals sagte man Hitlerfaschismus, das andere klang zu sehr nach Sozialismus) verstehen durfte, aber die Freiheit selbst nicht im Gepäck hatte.

So endete das deutsche basisdemokratische Experiment, das nicht gewollt, sondern von den Umständen erzwungen war, erst in der Unfreiheit des Stalinismus und dann in der des "real existierenden Sozialismus".

Die menschenfreundliche Gesellschaft

Erstaunlich ist, wie diese Möglichkeit, ein Gemeinwesen aus innerer Kraft zu gestalten, noch heute breiteste Kreise irritiert und verunsichert. Das Alleinstellungsmerkmal "Freie Republik" jedenfalls wurde vom Schwarzenberger Stadtmarketing - gelinde gesagt - über viele Jahre sträflichst vernachlässigt und es waren wieder einmal Künstler, Jörg Beier und seine Freunde, die den im wahrsten Sinne des Wortes Wert der Geschichte erkannten, sie vor dem Ausblenden bewahrten, zur Diskussion stellten und dabei das Nachdenken über gesellschaftliche Alternativen wie das Vordenken einer menschenfreundlichen Gesellschaft übernahmen.

Ihr werdet schon sehen, wo das hinführt, wenn ihr so weitermacht - und nicht mehr über die Gesellschaft diskutiert.

Nachsatz zu MDR-Sendung:
"Kommunistischer Aktionsausschuss" ist falsch - es waren auch Sozialdemokraten dabei. Und dass der Erste Bügermeister Willy Irmisch sich selbst eine Pistole genehmigte - wer will es ihm in diesen wirren Zeiten verdenken? "...die haben alles sich selbst bestätigt, selbst bescheinigt", sagt eine Frau Lobeck - Ja, wer denn sonst? Und sie haben es sogar aktenkundig gemacht!

Selber gucken!
Den Beitrag kann man in der MDR Mediathek ansehen.

Newslinks