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Lügen noch nicht museumsreif

Lügen noch nicht museumsreif

Radebeul, 3. Februar 2018. Von Thomas Beier. Die Sächsische Landesstelle für Museumswesen hat das im Gasthof Serkowitz beheimatete Lügenmuseum Radebeul nicht als Museum anerkannt. Dabei war doch Museumserfinder und -leiter Reinhard Zabka mit seiner künstlerisch-musealen Einrichtung von Brandenburg mit wehenden Fahnen in den Freistaat Sachsen umgezogen, wohl auch im Vertrauen auf freistaatlich-sächsischen Freisinn.
Reinhard Zabka (links) im Gespräch mit Jürgen Bergmann aus der Geheimen Welt von Turisede.

Dass Freisinn jedoch auch frei von Sinn bedeuten könnte, hatte er sicherlich nicht geahnt. Die Entscheidung der Museumslandesstelle führt nun dazu, dass das Lügenmuseum frei von Steuerfreiheit ist. Begründet wurde dies damit, dass das Lügenmuseum Radebeul die Richtlinien des ICOM - das ist der internationale Museumsrat - nicht erfülle.

Im ehemaligen Gasthof Serkowitz in Radebeul ist das Lügenmuseum beheimatet.
Im ehemaligen Gasthof Serkowitz in Radebeul ist das Lügenmuseum beheimatet.

Richtlinien hat das ICOM so einige erlassen. Welche Punkte beispielsweise aus den interessanten "Ethischen Richtlinien für Museen von ICOM", die von den ICOM-Mitgliedern anerkannt werden müssen, das Lügenmuseum nicht erfüllte, ist nicht bekannt, vermutet wird aber, dass Zabka gegen internationales Recht (Pkt. 7.2 der Richtlinien) verstieß, indem er nicht ausdrücklich das UNESCO Übereinkommen zum Schutz des Unterwasserkulturerbes anerkannte. Möglicherweise hat er zudem - wenn auch schwer vorstellbar - die Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten übersehen.

Wie dem auch sei, wir lernen: Das Herzeigen von gedankensinniger Kunst gegen Eintrittsgeld ist steuerlich gesehen keine Frage der Musen, sondern wohl eher der Ausschluss-Ethik einer Museumsorganisation. Dass damit der Skandal einhergeht, ein künstlerisch geartetes Museum durchs Raster fallen zu lassen, erzählt viel über den Umgang mit Kunst.

Ein im Lügenmuseum gezeigtes Spiel. Dumpfe Vorahnung - war dieser Tag wirklich nötig?
Ein im Lügenmuseum gezeigtes Spiel. Dumpfe Vorahnung - war dieser Tag wirklich nötig?

Im Leitbild der Sächsischen Landesstelle für Museumswesen spricht diese davon, neben nichtstaatlichen Museen auch "Akteure, Einrichtungen und Initiativen der Industrie- und der Volkskultur" zu unterstützen. Ist die Lüge denn nicht Volkskultur, soll sie etwa nur den Mächtigen und Regierungen vorbehalten bleiben?

Lieber gleich gar kein Museum?

Andere waren schlauer: Aus ihrem Projekt "Museum der verlorenen Träume" hat die Künstlergruppe ZONE flugs das "Archiv der verlorenen Träume" gemacht. Nein, nicht wegen ICOM und Steuer, sondern weil ein Museum für die Ideen, die dort gelandet sind, so etwas endgültiges habe - ein Archiv hingegen bewahrt, um zur rechten Zeit wieder freizugeben.

Lügenmuseum bietet höchst nötige Bildung

Mehr als Museen, die sich der Historie widmen und sich immer mehr einer uniformen Modernisierung unterziehen, erlaubt Zabkas Lügenmuseum den Zugang zu ganz anderen Sicht- und Denkwelten. Das ist extrem wichtig für Kinder, für die Faktenlernen immer unwichtiger wird, weil: Die Fakten liefert das Internet. Aber ganzheitliches Denken, das Erfassen von komplexen Kausalitäten, Verständnis für das Verhalten anderer (nicht mit Gutheißen zu verwechseln), das sind die gefragten Qualifikationen, die keine Maschine ersetzen kann. Wer sich als Erwachsener kindliche, unvoreingenommene Neugier erhalten hat, der weiß das Lügenmuseum zu schätzen.

Kultur braucht solche Orte. Nach dem verschollenen Bonehaus zu Görlitz, dem sie verwehrt wurde, benötigt nun das Lügenmuseum Radebeul Anerkennung auch von Amts wegen.

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