Bei diesem Kunsthandwerk handelt es sich um den Blaudruck, den sich die studierte Textildesignerin (Fachschule für angewandte Kunst Schneeberg) zunächst in endlosen Versuchen technologisch zu eigen machte, dann aber mit völlig neuen Gestaltungen aus der kunsthandwerklichen Tradition herausholte. Um sich gegenüber den traditionellen Blaudruckwerkstätten abzugrenzen gab sie sich daher den Eigennamen "Blaufärber".
Neben indischen Modeln setzte die Künstlerin auf Schablonen, Sprühtechniken und Maltechniken für den Reservepapp.
Aber der Reihe nach: Beim klassischen Blaudruck wird der Stoff mit Hilfe von Modeln, das sind Druckstöcke, die geschnitzt sind oder eingeschlagene Ornamente enthalten, mit Reserve-Papp bedruckt, anschließend mit der früher aus Waid, später aus natürlichem Indigo und noch später aus synthetischem gewonnenen blauen Farbe eingefärbt. Schließlich wird der Reserve-Papp wieder aus dem Stoff ausgewaschen, wodurch dieser wieder weiß erscheint.
Was sich einfach anhört, will erst einmal chemisch und technologisch beherrscht sein, schließlich gab schon damals keiner der wenigen existierenden Blaudrucker die Geheimnisse seines Berufs preis.
Aus den "Blaufärber"-Stoffen entstanden Kleider, Wickelröcke, Gardinen, Bettwäsche und anderes mehr. Wäre nicht der künstlerische Anspruch maßgebend gewesen, hätte Christine Beier leicht eine enorme Blaudruck-Produktion aufbauen können.
Nach den Maßstäben des Kunstbetriebs im wiedervereinigten Deutschland hätte Christine Beier viel mehr Selbstmarketing betreiben müssen, doch für die eher stille Beobachterin war die Selbstinszenierung nie ihr Ding.
Weil ihre außergewöhnliche Kunst wie so oft eher im Verborgenen blühte und nur auf Verkaufsausstellungen bis nach Berlin Aufsehen erregte, kam die späte Ehrung mit der Personalausstellung anlässlich eines runden Geburtstages, an dem andere längst dem Rentnerdasein frönen, vor allem in kunstinteressierten Kreisen gut an.
So, wie der Blaudruck die Leichtigkeit des Himmels vermittelt, ist die in Zwickau aufgewachsene Schwarzenberger Künstlerin ein eher heikles Thema angegangen: Ein Kunstwerk für das neuerbaute Schwarzenberger Finanzamt.
Es handelt sich um eine überlebensgroße Jeans aus Kupfergaze, deren Taschen nach außen gestülpt sind und die "Meine Taschen sind leer" heißt. Offenbar wirkt die Kunst bei den Bediensteten, jedenfalls wurde vor einiger Zeit eine Fotoaufnahme verweigert.
Heute ist Christine Beier in Kunst & Kneipe "Zur Freien Republik Schwarzenberg" auf der Oberen Schloßstraße anzutreffen, ein gemeinsam mit Ihrem Mann und inzwischen auch Ihrer Tochter realisiertes Projekt aus dem Anfang der Neuzigerjahre, das sich neben dem künstlerischen Schaffen quasi im Selbstlauf etabliert hat.
Schön, dass es Künstler gibt, die sich nicht den Erwartungen des Kunstmarktes oder dem Geschmack des Publikums unterwerfen, dafür aber mit ihrer Kunstkneipe - dem Café Piano, der Weinkeller "Zum Drachen", der Galerie Silberstein und dem Künstlerhaus Kafka im Künstlergässchen - nicht nur der kunstinteressierten Szene einen Anlaufpunkt bieten, sondern diese auch gewaltig beleben.
Mehr:
Beate Kindt-Matuschek: Leben auf blauen Schwingen,
erschienen in der Freien Presse vom 19. März 2016