Haltepunkt Erzgebirge

"DDR"-Zeitzeugen berichten

"DDR"-Zeitzeugen berichten

Heinz Rall und Jörg Beier
Heinz Rall und Jörg Beier
Schwarzenberg, 22. September 2020. Wer kann sich vorstellen, unter einem haltlosen Vorwand verhaftet zu werden und dann mit Hilfe einer konstruierten Anklage zu Monaten oder Jahren Knast verurteilt zu werden? Im Unrechtsstaat "DDR" war das gang und gäbe, um unliebsame Entwicklungen im Keim zu ersticken und abschreckende Exempel zu statuieren.

"Das Laub an den Bäumen ist bunt geworden" - Einladung zum Zeitzeugengespräch

Heinz Rall und Jörg Beier schildern am Freitag, dem 2. Oktober 2020, ihre völlig überraschenden Verhaftungen, die gemeinsame Zeit in der Untersuchungshaft auf dem Chemnitzer Kaßberg und vom Leben als politische Häftlinge - ohne zu dramatisieren, aber mit allen Aspekten. Auch sprechen sie darüber, wie sie die Friedliche Revolution 1989 und die deutsche Wiedervereinigung im Jahr 1990 erlebten.

Im Sommer 1969 möchte der Kunststudent Jörg Beier in Bulgarien seinen Urlaub verbringen. Kurz vor Reiseantritt wird der 22-jährige Schwarzenberger zum Volkspolizeikreisamt seiner Heimatstadt bestellt und völlig überraschend wegen des unsinnigen "Verdachtes auf Republikflucht" festgenommen und sofort in die Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit auf den Kaßberg gebracht. Seine ahnungslosen Eltern erfahren erst vier Tage später davon und schicken ihm Briefe ins Gefängnis. Der Briefwechsel ist im Buch "Briefe durch die Gitter" dokumentiert. Nach drei Monaten Einzelhaft erreichen Beier per Post die aufbauenden Worte seiner Mutter: "Die Blumen auf den Feldern sind inzwischen verblüht und das Laub an den Bäumen ist bunt geworden, aber ein neuer Frühling wird kommen und neue Blumen werden wachsen."

Einen Tag später erfolgt in Hainichen die Verhaftung des 19-jährigen Heinz Rall. Dem Montagearbeiter wird "Vorbereitung zur Republikflucht" angelastet. Rall findet sich ebenfalls in der Untersuchungshaft auf dem Kaßberg wieder, wo er sich fortan eine Zelle mit Beier teilt. So verbringen die beiden das Weihnachtsfest 1969 und Jörg Beiers Geburtstag gemeinsam auf etwa elf Quadratmetern.

Nach ihren Verurteilungen trennen sich ihre Wege. Während Jörg Beier im Herbst 1970 das Zuchthaus Cottbus verlässt, kommt sein ehemaliger Haftkamerad vor seiner Entlassung im Juli 1970 wieder auf den Kaßberg.

Hingehen!
Freitag, 2. Oktober 2020, 18 Uhr,
Ratskeller, Markt 1, 08340 Schwarzenberg.

Der Eintritt ist frei, es wird jedoch um Anmeldung unter Tel. 0371 3824854 oder an info@gedenkort-kassberg.de gebeten.

Mehr:


Fördermittel im Spiel:
Steuermittel, die über den von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushalt bereitgestellt werden, tragen zur Finanzierung der Veranstaltung bei.