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Kaff hier, Kaff da - Kafka! - entdeckt vom Görlitzer Anzeiger

Kaff hier, Kaff da - Kafka! - entdeckt vom Görlitzer Anzeiger

Das Schild “Kafka war hier” müssen wir übersehen haben, als wir am 23. Juli 2015 zum Betriebsausflug des Görlitzer Anzeigers ins erzgebirgische Schwarzenberg fuhren. Fritz Stänker hatte das so vorgeschlagen und ich hätte ihm - ja, ehrlich - die Reise nicht gegönnt, wenn er allein gefahren wäre. Also wieder einmal unterwegs in Schwarzenberg.

Zwei große Ziele hatten wir im Plan: Eins war der Besuch des Schwarzenberger Schlosses, das eher einer Burg ähnelt und neuerdings - wie so manches zu bemitleidende Neugeborene - auf einen gar seltsamen Namen hört: Perla Castrum. “Heißt das kastrierte Perle?”, fragt der Stänker sofort.

Nein, es heißt gar nichts, es soll nur nach etwas klingen, als ob das dieses wehrhafte Schloss, von drei Seiten auf frei auf dem Felssporn der Altstadt stehend, nötig hätte. Über den Besuch im Schloss und das neugestaltete Museum wird an anderer Stelle zu berichten sein.

Auch im Kafka lebt der Geist der Freien Republik Schwarzenberg - aus eigener Kraft demokratisierte Zone bis zum 26. Juni 1945.
Auch im Kafka lebt der Geist der Freien Republik Schwarzenberg - aus eigener Kraft demokratisierte Zone bis zum 26. Juni 1945.

Dem anderen Besuchsziel spielt der Zufall in die Hände, in Beier’s Kunst & Kneipe (das Idiotenapostroph ist an dieser Stelle richtig) sitzen der Kneiper persönlich und auch Viola Wiese, im Hauptberuf Physiotherapeutin, ansonsten aber Bücherschneiderin. Sie schneidet Bücher so, dass beim Öffnen die Konturen der Seiten Bilder und Worte ergeben. So richtig lesen kann man die Bücher dann nicht mehr, dafür aber schön hinstellen oder manche sogar aufhängen.


Das wollen wir sehen. Im Künstlerhaus Kafka, inmitten der Altstadt, sind einige der geschnittenen Exemplare ausgestellt. Guck mal, Schloss Schwarzenberg als Silhouette in einem aufgeschlagenen Buch - Zufall - Stefan Heim im Hintergrund. Aber Zufälle gibt’s im Erzgebirge ja nicht - da hat alles einen Sinn und Zusammenhang. Aus Büchern Bilder machen: Vielleicht eine Lösung für Leute wie unsereins, die eine enorme Hemmschwelle haben, Bücher wegzuwerfen?


Im Kafka, wo noch die Futterkrippen der Pferde einer uralten Posthalterei erhalten sind, ist die Kunst eingezogen - doch nicht zum Selbstzweck, das Kafka kann man mieten. Zum einfach nur feiern, zum Tagen im anregenden Ambiente, zur ungestörten Besprechung im kleinen Kreis, für theatralische Liebeserklärungen, für Verschwörungen, Geburts-, Geburtstags- und Begräbnisfeiern, für Tief- und Hochzeiten, Klassen- und Familientreffen und dergleichen Anlässe mehr. Wer um die Ecke lugt findet sogar eine Küche, wo man seine Gäste selber bekochen und bewirten kann, wenn man möchte oder der Drachenküche nicht traut.

Bücher von Viola Wiese. Tipp: Uhren verkünden die unbesetzte Zeit.
Bücher von Viola Wiese. Tipp: Uhren verkünden die unbesetzte Zeit.

Das ist das schöne am Kafka: Es hat eine Seele. Hier regiert nicht der Lifestyle-Schickimicki austauschbarer Modernität, hier werden die Sinne entfacht mit einem Hauch, der Erinnerung und Anspruch verwirbelt zum Tanz. Die Sonne bringt es an den Tag und überlässt es der Nacht.

Wieder eine Nacht, die wir in einer Kneipe zugebracht (Klaus Hoffmann).

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