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Glühwein-Verordnung der EU tritt in Kraft

Glühwein-Verordnung der EU tritt in Kraft

Brüssel | Schwarzenberg, 11. Dezember 2016. Anders, als der Titel "Glühwein-Verordnung" suggeriert, nämlich die ärztliche Verordnung von Glühwein auf Rezept, schlägt wieder einmal die Brüsseler Regulierungswut zu. Die Verordnung, die am 1. April 2017 in Kraft tritt, regelt detalliert die Zusammensetzung und Verabreichung des besonders auf Weihnachtsmärkten beliebten Getränks. Das hat Konsequenzen für Verkäufer wie für trinkende Glühweinfreunde.
Abbildung oben: Auch im Schwarzenberger Künstlergässchen schätzt man die Kombination aus Heizwert und Geschmack, wie sie der Glühwein bietet.

Das wird nun reguliert

Festgelegt in der Glühwein-Verordnung ist nicht nur die Zusammensetzung des Getränks, sondern auch die Darreichungsform und die Trinktemperatur.

Demnach muss Glühwein, um als solcher bezeichnet zu werden, aus Weinen oder Cuvees mit mindestens acht Prozent alkoholischem Volumenanteil betehen. Der Alkoholgehalt darf durch den Zusatz weiterer Alkoholika gesteigert werden, allerdings darf der Gesamt-Alkoholanteil bei höchstens nur 40 Volumenprozent liegen. Das sorgte bereits für Zustimmung und Heiterkeit. "Da können wir ja gleich den Schnaps anwärmen!", so eine erste Reaktion aus der Wurzelbucke.

Abgegeben werden darf der Glühwein künftig nur noch in Behältnissen mit Henkel, die mindestens 0,2 Liter fassen (geringere Abgabemengen sind wegen des Kundenschutzes untersagt, weil die erwartete Wirkung dann nicht mit Sicherheit eintreten würde). Die zulässige Maximalgröße der Glühweintrinkgefäße liegt bei 0,5 Litern. Nur für Bayern besteht eine Ausnahmeregelung: Hier sind einen Liter große Glühweinverzehrbehälter erlaubt. Die EU-Kommission war der bayrischen Argumentation gefolgt, wonach "alles a Maß haben" müsse.

Die deutlichesten Veränderungen gibt es jedoch bei der sogenannten Abgabetemperatur. Das ist die Temperatur des Glühweins, gemessen zwei Zentimeter unter der Flüssigkeitsoberfläche, im Moment der Übergabe an den Glühweintrinker: Sie muss zwischen 45 und 75 Grad Celsius liegen. Die Mindesttemperatur soll den Glüh-Effekt sichern, die Höchsttemperatur Verbrennungen im Mundbereich verhindern.

Auf Glühweinverabreicher wie hier am "Drachenfeuer" Glühweinstand von Kunst und Kneipe "Zur Freien Republik Schwarzenberg" kommen Veränderungen zu.
Auf Glühweinverabreicher wie hier am "Drachenfeuer" Glühweinstand von Kunst und Kneipe "Zur Freien Republik Schwarzenberg" kommen Veränderungen zu.

Einschneidend ist, dass die Abgabetemperatur vom Glühweinkäufer "jederzeit leicht und eindeutig" sichtbar sein müsse.

Zwischen Glühwein und Speckfettbemme: Jörg Beier
Zwischen Glühwein und Speckfettbemme: Jörg Beier
Auf Anfrage schildert der Schwarzenberger Kunstkneiper Jörg Beier, wie das praktisch umgesetzt werden soll: "Bevor der Glühwein in die Tasse kommt, wird ein Thermometer angeklippt. Erst bei der Übergabe an den Glühweinkäufer wird es wieder herausgezogen."

So erweist sich die Glühweinverordnung als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die Thermometerindustrie. Ob allerdings elektronische Thermometer zum Einsatz gelangen, ist fraglich. Allein Quecksilberthermometer verbieten sich wegen der Bruchgefahr. Hersteller arbeiten bereits an Indikatorstreifen, die mit der Temperatur ihre Farbe ändern.

Hinter vorgehaltener Hand wird indes von einer Glühweintemperaturmessverordnung der EU gemunkelt, die allerdings generell für den Getränkeausschank gelten soll. Beier hebt das alles nicht an, Vorschriften haben für ihn den Charakter von Naturkatastrophen, die man nun einmal hinnehmen müsse.