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Bergparaden als paramilitärisch eingestuft

Bergparaden als paramilitärisch eingestuft

Berlin, 6. Dezember 2016. Offenbar war im Innenministerium nun das Maß voll: Alljährlich marschieren hinter Standarten bewaffnete Uniformierte durch die Erzgebirgsstädte, oft genug begleitet von dumpfem Trommelklang oder schmissiger Marschmusik. Besonderen Argwohn erregt die "Bergbarte" genannte Streitaxt. Der Staatsschutz ermittelt, ob es sich um Tarndivisionen der Reichsbürgerbewegung handelt.

Uniformmissbrauch und Waffen


Ermittelt wird nun wegen Uniformmissbrauchs und dem Tragen von Waffen in der Öffentlichkeit. Bei der Bergbarte sei für Laien nicht zu unterscheiden, ob es sich um eine originale Waffe oder eine Nachbildung handele. "Das ist wie bei Spielzeugpistolen, sind diese nicht von echten Waffen auf den ersten Blick unterscheidbar, dürfen sie in der Öffentlichkeit weder mitgeführt noch gezeigt werden", erläuterte der Pförtner des Ministeriums.

Typischer Bergmann: Sein Werkzeug, Schläger und Eisen, nur vorsichtig berührend, aber die Streitaxt fest in der Hand. Die schwarze Uniform erinnert an finsterste Zeiten.
Typischer Bergmann: Sein Werkzeug, Schläger und Eisen, nur vorsichtig berührend, aber die Streitaxt fest in der Hand. Die schwarze Uniform erinnert an finsterste Zeiten.

Auch sonst ist das Verhalten der Verbände paramilitärisch: Gleichschritt, Antreten und Ansprachen gehören zum Alltag der Mitglieder, die im bürgerlichen Leben unauffälligen Berufen nachgehen.

Ein weiteres Indiz: Die Uniform werde als Bergmannstracht bezeichnet, aber kaum einer der Marschierer sei jemals Bergmann gewesen. Hinzu kommt: Kaum ein Bergmann, der wirklich in den Schacht eingefahren ist, habe jemals eine solche Uniform besessen.

Aufmasch in Schwarzenberg
Aufmasch in Schwarzenberg
Ähnlich anderen sächsischen Gruppierungen gelinge es den Bergbartenträgern immer wieder, zu ihren Aufmärschen viel Volk zu mobilisieren und zu begeistern. Oftmals nutze auch die Lokalpolitik die herbeigeeilten Menschenmassen, die sie allein nie mobilisieren könnte, um sich ins rechte Licht zu setzen.

Was wird sich ändern?


Welche konkreten Durchführungsverordnungen nun aus Berlin zu erwarten sind, ist noch unklar. Als gesichert gilt, das Verbot von Hieb- und Stichwaffen bei den Paraden und Versammlungen im öffentlichen Raum ebenso durchzusetzen wie das Uniformverbot.

Inzwischen mauert die Sachsenregierung und bemüht die Argumentation vom Brauchtum. Als Kompromiss erscheint möglich, dass die sogenannten Bergleute echte Arbeitskleidung tragen müssen (Wismut Aue Leibchen werden nicht anerkannt) und die Bergbarten durch solche aus aus reichlich mit Weichmacher versetztem Plastik ersetzt werden.

Weiteres Unheil am Horizont


Doch schon melden sich weitere Stimmen aus dem Sozialministerium: Die beliebte Zurschaustellung von Berginvaliden auf den Bergparaden sei mit der im Grundgesetz verankerten Würde des Menschen nicht vereinbar. Im Sinne der Inklusion wäre ein Mithinken im Pulk aber vertretbar.

Der allgemeine Wunsch nach "weißer Weihnacht" wird außerdem als politisch nicht mehr korrekt eingestuft. Allerdings ist – zumindest vor den Wahlen – eine "grüne Weihnacht" nun auch wieder nicht gewollt. Damit es in Sachsen nicht zur "schwarzen Weihnacht" kommt, sollen Fördermittel für eine "bunte Weihnachtszeit" bereitgestellt werden.

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